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von André Jäger, stellv. Vorsitzender DGB-Kreisverband Friesland anlässlich 09.11.2022
Es gilt das gesprochen Wort
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Namen des DGB Kreisverbandes Friesland darf ich Euch heute Abend zu unserer Gedenkveranstaltung an die Reichspogromnacht von 1938 begrüßen.
Seit ich an der Vorbereitung dieser Veranstaltung beteiligt bin, gehörte eine Frage eigentlich immer mit zur Vorbereitung, nämlich „Wie politisch darf eine Gedenkveranstaltung sein?“.
Unbestreitbar steht das Erinnern and ei Opfer der faschistischen Terrorherrschaft am 09. November im Zentrum – und zwar aus gutem Grund. Die Faschisten zielten mit ihrer ganzen Vernichtungsmaschinerie – mit dem Verbrennen von Büchern, von Häusern – wie der Vareler Synagoge – und schließlich auch von Menschen darauf ab, jede Erinnerung an ihre Opfer auszulöschen. Unser jährliches Gedenken – wie auch die Arbeit des Arbeitskreises Juden in Varel und vieler anderer Initiativen – ist der lebendige Beweis, dass die Nazis damit keinen Erfolg hatten.
Und trotzdem ist die Erinnerung bis heute nicht unumstritten. Von weit rechts wird dieses Erinnern immer wieder als „Schuld-kult“ diffamiert. Damit sprechen diese Leute – wahrscheinlich unfreiwillig – ein wichtiges Thema an, das uns wieder zu der Frage führt, wie politisch ein Gedenken sein darf. Selbstverständlich sind wir alle hier nicht schuld an dem, was das Deutschland unserer Großväter angerichtet hat. Trotzdem sind wir den Opfern von Faschismus und Krieg was schuldig.
Wir sind ihnen schuldig, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.
Und leider ist das dieses Jahr nötiger denn je.
Seit dem völkerrechtswidrigen Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine erleben wir eine rasante Zuspitzung der Widersprüche – in der Weltpolitik, aber auch in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in Deutschland.
Viele Menschen sind verunsichert, wie sie sich zu diesem Konflikt verhalten sollen. Das Verhältnis zu Krieg und Frieden wird plötzlich zum Streitpunkt.
Wenn das ukrainische Volk in dieser Situation gezwungen ist, zu den Waffen zu greifen und sich gegen die Invasion zu wehren, ist das schrecklich – aber ihr gutes Recht und dieser Widerstand verdient Solidarität.
Wenn aber ultrarechte Kräfte – gleich in welchem Land – meine, diese Situation der Ukrainer ausnutzen zu müssen, um Nationalismus und Völkerhass zu schüren, dann müssen wir dem ein klares NEIN entgegensetzen.
Wenn vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs chauvinistische und militaristische töne wieder zum alltäglichen Sprachgebrauch bürgerlicher Parteien und Medien werden, dann muss das deutlichen Widerspruch hervorrufen.
Wenn sich immer mehr europäische Regierungen durch diesen Krieg bemüßigt fühlen, nach sogenannter „atomarer Teilhabe zu rufen“, dann ist der Widerstand gegen die Weltkriegsgefahr das Gebot der Stunde.
Das waren ungewohnt politische Eingangsworte für deinen 09. November – ich denke, dass das nötig war, kann aber auch verstehen, wenn es bei dem einen oder anderen Gesprächsbedarf hervorruft. In dem Fall bitte ich gerne darum, mich im Anschluss an die Veranstaltung anzusprechen.
Ich wünsche uns alle, dass wir in einem Jahr wieder vor einem anderen Hintergrund zusammenkommen können.
Der Kreisverband Friesland des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat in seiner konstituierenden Sitzung den Vorstand für die kommenden vier Jahre neu gewählt. Im DGB-Kreisverband sind Vertreter:innen aus den Mitgliedsgewerkschaften IG Metall, ver.di, IG BCE, NGG, GdP. Lothar Bredemeyer, IG Metall, wurde in seinem Amt als Vorsitzender erneut bestätigt. Als Stellvertreter unterstützt ihn künftig André Jäger, ver.di, der neu in dieses Amt gewählt wurde, jedoch zuvor bereits engagiertes Mitglied im Kreisverband war.
Martina Bruse, Geschäftsführerin der IG Metall Oldenburg/Wilhelmshaven, war zu Gast und plädierte für einen gesamtpolitischen Einsatz: „Die derzeitigen Herausforderungen für uns Gewerkschaften sind nicht mehr einzeln zu lösen. Wir müssen den gesamtpolitischen Zusammenhang dahinter lösen, von Wohnungsnot bis Tarifflucht, und dafür brauchen wir einen starken Gewerkschaftsbund.“
Bredemeyer ist dabei zuversichtlich: „Wir sind die politische Stimme der Gewerkschaften für den Landkreis Friesland, sei es das Konzept des ÖPNV, die Diskussion um die Kita-Trägerschaft in Schortens, rechte Schmierereien auf den Straßen oder das Vorgehen von Airbus gegenüber seinen Beschäftigten bei PAG in Varel. Da haben wir uns in der Vergangenheit bereits eingebracht und das werden wir auch weiterhin tun. Wir müssen es sogar noch stärker tun, denn solche Themen dürfen nicht ohne die Stimmen der Arbeitnehmerschaft verhandelt werden. Mitbestimmung ist ein wesentlicher Grundpfeiler für unsere Demokratie.“
Zu den kommenden Wahlen wird der Kreisverband sich entsprechend positionieren: „In unserer ersten ordentlichen Sitzung werden wir Forderungen an die Politik formulieren.“, so Bredemeyer, „aber wir wollen vor allem in den Dialog mit den Menschen gehen, die hier leben. Denn wir alle müssen uns gemeinsam fragen, in was für einer Welt wir eigentlich leben wollen.“
Eine Sache liegt dem Kreisverband jedoch besonders am Herzen: „Es wird nach wie vor eine unserer wichtigsten Aufgaben sein, zu mahnen, zu gedenken, zu erinnern. Das haben wir auch trotz bzw. während Corona getan und das werden wir fortführen, damit rechte Ideologien in ihrer Menschenfeindlichkeit entlarvt und gestoppt werden.“, betont André Jäger.
Mit Traute Jochens-Heinecke, IG Metall, und Gisela Gebauer, NGG, verlassen gleich zwei Urgesteine den Kreisverband. Nach jahrzehntelanger Arbeit ziehen sie sich verdient aus dem Amt zurück und lassen den Nachwuchs ran. „Uns werden starke Frauen mit solch einem Wissen und Erfahrungsschatz fehlen. Ein solches ehrenamtliches Engagement ist gerade heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Wir wünschen den beiden alles erdenklich Gute, danken ihnen für ihren unermüdlichen Einsatz und freuen uns, sie in Zukunft hin und wieder als Gäste begrüßen zu dürfen.“, so Désirée Buchinger, Gewerkschaftssekretärin der DGB-Region Oldenburg-Ostfriesland.
Der Kreisverband freut sich auf die kommenden Herausforderungen, aber auch die weitere Zusammenarbeit mit Schulen, Initiativen und Verbänden, die bereits in der Vergangenheit viele tolle Ergebnisse gebracht hatte – ganz im Sinne der demokratischen Vielfalt.
Am 29.07. erschien auf airliners.de, einer Nachrichtenseite für die Flugindustrie, ein Artikel mit der Schlagzeile „Airbus verdoppelt Gewinnziel für 2021“. Laut der Nachrichtenseite habe der Konzern im zweiten Quartal knapp zwei Milliarden Euro verdient und plane außerdem, die A320-Produktion anzuziehen und eine Frachtversion der A350 auf den Markt zu bringen. Dennoch plant Airbus weiterhin eine Restrukturierung des Konzerns und Teile des Tochterunternehmens PREMIUM AEROTEC, u.a. in Varel, auszugliedern und zu verkaufen. Bei den Werken, die von der Restrukturierung betroffen wären, geht es um rund 12.000 Arbeitsplätze. Dazu kommentiert der Kreisverbandsvorstand Friesland des Deutschen Gewerkschaftsbundes:
„Tja, am Geld liegt es nicht. Was also will AIRBUS mit der Spaltung der Premium Aerotec in Deutschland erreichen? Noch mehr Gewinn? Oder eine Verschiebung der Machtverhältnisse im Konzern? Verhinderung der Mitbestimmungsrechte nach deutschem Recht? Eine gezielte Ausgliederung gewerkschaftlich hoch organisierter Belegschaften? Nun gilt es abzuwarten, wie es weitergeht in diesem Industriekrimi. Eins ist offensichtlich: Das Zeitfenster für eine Restrukturierung schließt sich wieder, will Airbus die Kundenbestellungen pünktlich ausliefern. Eine Eskalation im Ringen um die PREMIUM AEROTEC sowie die neuzugründende ASA in Deutschland könnte AIRBUS im letzten Quartal in Probleme bringen. Die Auseinandersetzung hat inzwischen auch die Politik in Szene gesetzt, die wiederum bei zu großen Versprechungen ihre Glaubwürdigkeit riskiert, sollte keine einvernehmliche Lösung vor der Bundestagswahl gefunden werden. Die Menschen (Wähler) reagieren in solchen Situationen dann doch anders, als man es erwarten könnte. Besonders zu beachten ist dabei doch die Geschichte dieses Konzerns, der als europäisches Vorzeigeprojekt begonnen hat, und nun im reinen kapitalistischen System angekommen ist und soziale Verantwortung keine Rolle mehr spielt. Trotz alledem wird selbstverständlich erwartet, dass die Staaten beim Umbau auf CO2-neutrales Fliegen die Staatshaushalte belasten, um den Umbau des Unternehmens zu fördern. Zu den Staaten gehören auch die Mitarbeiter von Airbus, die mit ihren Steueranteilen die Staaten unterstützen, von denen wiederum die Fördergelder in den Konzern fließen, und nicht zuletzt auch bei den Wahlen dazu beitragen, dass das ganze System überhaupt funktioniert (Förderungen). Es bleibt also spannend. Die Gesellschaft ist wie ein Orchester und klingt nur gut, wenn sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind.“
Der Kampf für die Beschäftigten um den PAG-Standort in Varel geht weiter. Am vergangenen Montag, den 09.08., wurde durch den Besuch des Standortes in Varel von SPD-Kanzlerkandidat und derzeitiger Bundesfinanzminister Olaf Scholz den Beschäftigten Hoffnung gegeben. Doch auch nach den Wahlen wird die Spaltung des Airbus-Konzerns ein Politikum bleiben, mit dem sich die neue deutsche Regierung auseinandersetzen muss. Dabei sollte die Politik überdenken, ob sie nicht durchaus Bedingungen stellen kann, die über das bisherige hinausreichen, wenn es um die Förderung und Zukunftsfähigkeit – aber eben auch die Arbeitsplatzsicherung – von Unternehmen geht. Das Zittern wird über die Wahlen hinaus reichen.
Mit Sorge betrachtet der Deutsche Gewerkschaftsbund, Kreisverband Friesland, die Situation der Kinderbetreuung bis 6 Jahren in den Kindergärten und Kindertagesstätten der Stadt Schortens. Anträge der CDU, Grünen und Freien Bürger für die kommende Stadtratssitzung am 25.03.21 sorgen aktuell für große Verunsicherung bei Beschäftigten und Eltern, die im Zuge der Corona-Pandemie sowieso schon an ihre Belastungsgrenzen gekommen sind. Eine scheinbar finanzpolitische Debatte über die Belastung der Kommune durch die KiTa-Kosten sollte jedoch nicht zu einem politischen Geschacher zwischen Stadt und Landkreis werden. Das hält der DGB Kreisverband für unverantwortlich.
Stattdessen begrüßt der Kreisverband eine sachbezogene Diskussion über die Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Die reine Skandalisierung der Zahlen ist weder hilfreich noch produktiv, besonders wenn es um die öffentliche Daseinsvorsorge oder Beschäftigung und Mitarbeiter:innen geht. Ebenso betrachtet der Kreisverband die Darstellung der Zahlen, die in den Anträgen genannt sind, kritisch und hält eine konkrete Aufschlüsselung der Finanzierungssituation für notwendig. An dieser Stelle müssen Verwaltung und Rat prüfen und zusammenarbeiten.
Wie steht es um die Finanzierungsmittel des Landes Niedersachsen, der Personalkostenzuschuss der bis 2022 auf 58% steigen sollen, oder den Härtefallfonds? Sind alle Zuschussmöglichkeiten genutzt? Gibt es hier einen Mehrbedarf?
„Wir fordern, dass Stadt und Landkreis sich bei einem solchen wichtigen Thema sachlich an den Tisch setzen, die Möglichkeiten im Detail erörtern und sich nicht gegenseitig mit Drohgebärden ausspielen. Eine ordentliche Verhandlung, die nicht mit knappen Fristen droht und dabei die Arbeits- und KiTa-Plätze aufs Spiel setzt, ist notwendig, um dauerhaft eine Lösung zu finden, die sowohl dem Haushalt der Stadt Schortens als auch den KiTas, ihren Kindern, deren Eltern sowie den Beschäftigten gerecht wird.“, so Lothar Bredemeyer, Vorsitzender des DGB Kreisverbandes Friesland.
Verantwortung findet vor Ort statt! Die Bedeutung der Kommunalpolitik für die Bürgerinnen und Bürger darf nicht unterschätzt werden. Politisches Gezerre auf Kosten der Menschen wird vom DGB aufs schärfste Verurteilt.
„Mehr Investitionen in Kommunen sind dringend notwendig. Die Kinderbetreuung gehört als wesentlicher gesellschaftlicher Eckpfeiler in die kommunale Hand.“, ergänzt Désirée Buchinger, DGB-Gewerkschaftssekretärin. „Wir fordern tatkräftige Unterstützung von Bund und Land, um Kommunen handlungsfähiger zu machen und auch jetzt in der Krise diese zu erhalten.“
Ziel sollte es sein, dass die Kommunen auch in Zukunft in der Lage sind, die Betreuung zu leisten, die ihre Menschen erwarten und brauchen.
Wir setzen uns als DGB gerne mit der Politik vor Ort gemeinsam dafür ein und bieten unsere Zusammenarbeit für stärkere Kommunen an.